Donnerstag, 20. September 2012

UNTER FRAUEN: Ein gutes Leben...ein schöner Tag...

Es wundert sogar mich, wie eindeutig dieser Schwerpunkt ist, wenn junge Frauen darüber schreiben, was für sie ein gelungenes Leben ausmacht oder wie ein schöner Tag aussieht. Zwölf von den vierzehn wollen den Tag mit Freundinnen oder mit der "besten Freundin" verbringen, für zehn von ihnen sind gute Freundinnen oder die eine Freundin, mit der sie sich ganz eng verbunden fühlen, die wichtigste Voraussetzung, damit das Leben gelingt. Ansonsten nennen sie die Beziehung zu ihrer (Herkunfts-)Familie und eine sinnstiftende Arbeit, erst zum Schluss und nur bei dreien von ihnen findet die Partnerschaft zu einem Mann Erwähnung. Die jungen Männer in der Gruppe dagegen schreiben - bis auf einen - alle über eine "schöne Frau", die sie an ihrer Seite haben und für die sie "sorgen" wollen, außerdem spielen eine Arbeit, bei der man "viel Geld" verdient und ein "eigenes Haus" eine wichtige Rolle.

Sicherlich ist dieses Ergebnis nicht repräsentativ. Doch vor einem Jahr, in einer ganz anders zusammen gesetzten Gruppe, war das Ergebnis ähnlich. Es sind Jugendliche, junge Männer und Frauen zwischen 17 und 20,  einige mit sogenanntem Migrationshintergrund, überwiegend aus dem Angestellten- oder Arbeitermilieu, nur wenige Eltern sind Akademiker. 

Die Wünsche und Hoffnungen der jungen Männer und Frauen sind so verschieden voneinander, dass sich hier Konflikte abzeichnen, die für beide Geschlechter schmerzhaft werden. Während die Lebensplanung der heterosexuellen jungen Männer ganz stark auf die traditionelle Rolle des "Hauptverdieners" gerichtet ist, setzen die jungen Frauen ganz andere Schwerpunkte. Die Beziehung zu einem Mann ist nicht ihre Priorität. Sie beziehen sich auch emotional ganz stark auf andere Frauen. 

2 Kommentare:

  1. Das finde ich bedauerlich für die Männer, sicher auch, wie Sie schreiben, für künftige Partnerschaften, aber sehr Mut machend für die Frauen, die scheinbar einen HaLt finden und Verständnis bei anderen Frauen, statt sich über, mit und durch einen Mann zu definieren. Andererseits ist es ein alter Hut, dass Frauen früher reifere Ansichten vertreten als junge Männer, und wenn ich es richtig verstanden habe, geht es bei dieser Stichprobe um sehr junge Menschen.

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  2. Liebe Mützenfalterin, zunächst ging es bei diesem Seminar gar nicht um Geschlechterunterschiede, sondern um Lebensentwürfe. Mich hat selbst überrascht, wie unterschiedlich beide Geschlechter das sehen.

    In den letzten Wochen habe ich viel darüber nachgedacht (auch weil ich weiter an verschiedenen Auto.Logik.Lüge.Libido-Texten arbeite, die auf verschlungene Weise damit zu tun haben), ob es nicht vielleicht u n t e r g r ü n d i g immer schon so war: Die Frauen schließen die Männer aus dem aus, was i h n e n wichtig ist. In meiner dörflichen Großfamilie sind mir die Männer immer wie Gäste im eigenen Haus erschienen, umsorgte Gäste zwar (wie man für ein Kind sorgt), aber von allen wichtigen Gesprächen, allen ernsten Auseinandersetzungen, allen wichtigen Entscheidungen erfuhren sie kaum was. Die Frauen fragten einander um Rat und bei den Männern nicht nach. Umgekehrt stimmt natürlich, dass aus den machtvollen, öffentlichen Diskursen über Philosophie, Politik, Wissenschaft, Kunst die Frauen ausgegrenzt und - wenn es doch mal eine geschafft hatte - rückwirkend aus der Tradition getilgt wurden oder sie wurden zu "fast wie ein Mann", zu "Mannweibern" erklärt (wie Elisabeth I), wenn man(n) das nicht konnte.

    Trotzdem ist diese untergründige Geschichte der Marginalisierung der Männer aus den häuslichen und freundschaftlichen Lebensgemeinschaften der Frauen noch weitgehend unerzählt. (Ich denke gerade daran, was mir eine Freundin erst kürzlich über die Art und Weise erzählte, wie die südamerikanischen Frauen ihre Männer aus ihrer Sphäre heraushalten). Dass diese Geschichte nicht erzählt wird, könnte Teil der männlichen Tragödie sein, auf die Erweiterung des Lebens(entwurfs)raums (also die Teilhabe der Frauen an Berufsleben, Politik, Wissenschaft) der Frauen nur mit Ressentiment reagieren zu können, weil der eigene Verlust des häuslichen Raumes gar nicht wahrgenommen werden kann. (Wie immer gilt dies natürlich nicht für a l l e Männer, sondern ist eher ein strukturelles Problem von "Männlichkeit" in unserer Gesellschaft. Aber es wirkt sich auf die individuellen Leben der Männer aus und hindert viele wertvolle Beziehungen aufbauen zu können - zu anderen Männern und zu Frauen.)

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