Samstag, 20. April 2013

travestie trivial: UP SIDE DOWN


„Das war eben, wie es war.“, sagte sie. „Du hast auch schon dümmere Verse aufgesagt, nachdem du einen umgenietet hast“, erdreistete sich der blonde Jüngling in ihren Armen diese Worte zu kommentieren. Sie gab ihm eine schallende Ohrfeige. Er riss die himmelblauen Augen auf, während er seinen Kopf theatralisch gegen die Wand knallen ließ. Was für wunderschöne lang gebogene Wimpern der Kerl hat, dachte sie. Dann schlug sie noch einmal zu. Wieder riss der Dummkopf die Augen auf, als überrasche ihn die Attacke. Dabei müsste er längst daran gewöhnt sein. Sie ließ sich auf das Sofa fallen. „Nur damit dir klar ist, wer hier das Sagen hat. Wenn ich will, dass du mir sarkastisch kommst, sag ich dir Bescheid.“ „Schon gut, Babe.“ Er rieb sein Kinn an ihrer Schulter. Sie strich ihm übers Haar. „Mach mir ein Spiegelei. Up side down“ Sie sah ihm dabei zu, wie er Butter in die Pfanne gab, die er auf den schäbigen Zwei-Platten-Kocher schob. Die Schalter waren fettig und die Ränder bespritzt. Sie konnte es selbst von der Liege aus deutlich sehen. Das ganze Zimmer war unordentlich, überall lagen Klamotten herum, auf den dunklen Regalblättern hatte sich sichtbar der Staub abgelegt. „Du bist eine Schlampe.“, sagte sie. „Ein Dreckschwein. Mit einem Knackarsch.“ Das Luder machte eine obszöne Handbewegung. Sie seufzte. Sie war einfach zu müde, um ihn noch einmal zu schlagen. Es lohnte sich eh nicht mehr. Dieses ganze Arrangement war an ein Ende gekommen. Der Depp war nur zu blöd, um es zu kapieren. Sie biss sich auf die Lippen. Dabei hätte es ihm klar sein müssen, vorhin, als sie reingekommen war und den Spruch abgesondert hatte, auf den er so frech reagierte. Vorher war ihr das leider ausgerutscht, die Sache mit den beiden Leichen in der Vorhalle. Sie hatte sie in die Abstellkammer geschoben, aber es konnte nicht lange dauern, bis sie entdeckt sein würden. 

Das Ei war fertig und Jackie ließ es auf einen Teller gleiten, den er vor Mona stellte. Seine Spiegeleier waren Spitze, genauso, wie sie sie mochte, noch ein bisschen glibbrig innen. Sie schnippte nach dem Besteck, das er ihr reichte. „Pack schon mal die Koffer, Kleiner. Ist wohl sogar dir klar, dass wir hier so schnell wie möglich weg müssen.“ Jackie zog einen verstaubten pinkfarbenen Koffer vom Schrank. „In den“, winkte Mona mit der Gabel, „kommen nur meine Sachen. Du nimmst dir dann nachher die Reisetasche da drüben für deinen Kram. Aber mach den erstmal sauber.“ Mona tunkte ein bisschen Brot in das Eigelb und saugte genüsslich daran. Jackie wischte gehorsam den Kunstlederkoffer mit einem Tuch ab. Dann stapelte er Monas Sachen, die ordentlich im einzigen Schrank lagen, rein. Sie hatte nicht viel, aber nur beste Ware. Zwei Strenesse-Kostüme, ein schwarzes Etui-Kleid von Armani, eine 7 for all Mankind-Jeans, zweidrei T-Shirts von Marc Cain. Das war´s. Dazu Spitzenunterwäsche von Victoria´s Secrets, zwei Paar Tods, ein paar High Heels für besondere Anlässe. Als sie den letzten Rest Fett mit einem Stück Brot vom Teller wischte, war Jackie fertig. Er kniete vor dem Koffer, um noch ihre Lederjacke obenauf zu legen. „Jackie, mein Süßer.“, flötete sie. Er drehte den Kopf, um gerade noch in der letzten Sekunde seines Lebens wahrzunehmen, wie sie mit der Luger auf ihn schoss.

Aus dieser Entfernung hätte nicht mal er sie verfehlen können. Mona stand auf und schraubte den Schalldämpfer von der Waffe. Der Winkel war gut gewählt. Kein Blut auf dem Koffer. Das wäre unangenehm geworden. Sie schob die Leiche mit dem Fuß beiseite. Schade, um den schönen Jungen. Dann fiel ihr ein, dass er ihre Toilettensachen noch nicht eingepackt hatte. Sie schob ihre Sachen mit dem Unterarm direkt von der Ablage des Waschbeckens in ihr Set. „Daran hätte er auch mal denken können, der Honk.“, schimpfte sie vor sich hin. Für einen Moment hielt sie inne und schaute ein letztes Mal nach dem ein wenig gekrümmt auf dem Boden liegenden Körper. „Honk“ war gemein. Das passte gar nicht zu Jackie, von dem man sagen konnte, was man wollte, aber jedenfalls nicht, dass er je grob gewesen wäre. Mona stellte sich gerade, legte die Hände in den Schoß und murmelte: „Rest in Peace, Jackie.“ Damit war es aber auch genug. Sie streckte sich kurz und bückte sich dann, um den Reißverschluss des Koffers zuzuziehen.  

Sie öffnete die Zimmertür und spähte in den Flur. Alles ruhig. Na dann.„Servus, Jackie“, flötete sie, schob ihren Koffer hinaus und zog die Tür hinter sich zu.

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